Keiko ist der Begriff für Üben oder Training im Budo.
Ein wesentliches Kennzeichen von Keiko ist zum Beispiel das Üben mit permanenter Selbstbeobachtung und Selbstkontrolle. Die Kanji für den Begriff Keiko setzen sich zusammen aus den Zeichen für „nachdenken“ bzw. „überlegen“ und „alt“ (im Sinne von Gegenständen) – also über altes (bewährtes) nachdenken; die alten Werte nicht vergessen. |
Hieraus wird deutlich, daß jegliches Üben untrennbar mit größtmöglicher Aufmerksamkeit verbunden ist. So wie das Ergebnis von Nachdenken oftmals ein Verstehen ist, bewirkt richtiges Üben das Begreifen der Zusammenhänge. Dies hat weniger mit Logik als vielmehr mit Intuition zu tun. Außerdem steht die Perfektion der Technik nicht so sehr im Vordergrund. Keiko wirkt über reines zielgerichtetes Techniktraining hinaus. Das Üben von Waza (Technik) ist nur ein Element des Keiko. Die anderen wichtigen Elemente sind Shin (Geist) und Ki (Energie). Waza hilft uns, uns unserer Grenzen bewußt zu werden.
Die wirklich entscheidenden Grenzen im Dojo sind die Grenzen zu unseren Lehrern, Trainingspartnern oder Schülern. Hier ist respektvollster Umgang gefordert. Und Grenzüberschreitungen sind hier auch sehr viel schwerwiegender als wenn wir uns schlicht und einfach überanstrengen. Hier werden zwischenmenschliche Grenzen verletzt, und die heilen nur sehr schwer wieder von alleine. Die Übung im Dojo wird daher im Laufe der Zeit mehr und mehr zu einer Übung des zwischenmenschlichen Umgangs und die Übung des gegenseitigen Respekts. Dies ist die sog. Charakterschulung in den Budo-Sportarten. Die Technik (waza) dient sozusagen als Übungsgerät.
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daß in leider viel zu vielen Dojos gegen das Prinzip des Keiko verstoßen wird; wenn schwächere Schüler verspottet werden, wenn Techniken weit jenseits der Schmerzgrenze vorgeführt werden, oder auch wenn Übungen verlangt werden, die auf Dauer die Gesundheit ruinieren.
Die letzten beiden Bereiche werden im Keiko unter dem Üben der Elemente Shin und Ki verstanden. Die Vorstellung von Ki ist relativ einfach zu verstehen wenn man weiß daß nach asiatischer Vorstellung der gesamte Kosmos von Ki, das heißt Lebensenergie, durchdrungen ist. Ki ist z. B. in der Luft, oder im Wasser. Mißachtung des Ki führt zwangsläufig zu einer Schwächung der Lebensenergie. Ki begreifen, Ki spüren ist jedoch das Ergebnis langen Übens. Shin ist der Geist, der ständig bemüht ist zu wachsen und sich um ein intuitives Verstehen der inneren Zusammenhänge bemüht. Keiko ist nicht ohne die Anleitung eines Lehrers möglich. Ein Lehrer ist sehr wichtig, weil die Elemente des Keiko nicht aus Büchern gelernt werden können. Sie müssen vielmehr gespürt werden und das ist eben nur unter Anleitung eines Lehrers möglich, der über entsprechende Erfahrung verfügt.
Vor diesem Hintergrund wird auch eine typische Geschichte die wir bereits in den unterschiedlichsten Varianten gehört haben verständlich. Es geht um den Schüler, der seinen Meister fragt wie lange es dauert, bis er selbst die Meisterschaft erreicht. Als die Antwort für ihn unbefriedigend ausfällt, versucht er mit dem Meister zu verhandeln indem er anbietet sich noch stärker anzustrengen. Aber an statt das ihm eine Verkürzung der Lehrzeit in Aussicht gestellt wird. Verlängert sie sich noch. Von unserem westlichen rationalen Standpunkt aus würden wir jetzt sportmedizinisch argumentieren. Übermäßiges hartes Training bringt keinen Fortschritt, weil dem Körper die Gelegenheit zur Regeneration fehlt. Es kommt zum Phänomen des sog Übertrainings. Fortschritte bleiben aus, die Leistungsfähigkeit geht sogar zurück und die Verletzungsanfälligkeit steigt. Wir wissen aber jetzt, daß der Schüler ein Übermaß an Waza angeboten hat. Dies führt zu einer Vernachlässigung der anderen Elemente Shin und Ki. Für wahre Meisterschaft ist aber die Balance zwischen allen Elementen des Keiko Voraussetzung.