Techniken
Allgemeines
Die hier dargestellten Kontertechniken, bieten nur eine kleine Auswahl von Möglichkeiten innerhalb der Vielzahl von Kontern und besitzen keine Recht auf Vollständigkeit.
Manche Kämpfer neigen in bestimmten Kampfsituationen zu einer abwartenden Taktik in der Absicht, den Gegner, wenn er seinerseits eine Technik ansetzt, zu kontern. Ist doch der Gegenwurf die wirksamste Reaktion auf einen Angriff, da die Handlungen des Gegners direkt in einen eigenen Sieg umgewandelt werden.
Gelegentlich nehmen Kämpfer sogar eine scheinbar leichtsinnige, einen bestimmten gegnerischen Wurfansatz provozierende Haltung ein (Herausforderungsfinte), um den Gegner dann, wenn er ansetzt und sozusagen in die Falle tappt, mit einer Gegentechnik zu werfen: Man stellt z.B. auf dem linken Bein stehend, das rechte Bein einen Schritt vor. Setzt der Gegner nun (eine günstige Gelegenheit vermutend) O soto gari an, dreht man sich nach links, reißt das angegriffene Bein zurück und wirft den Gegner selbst mit O soto gari.
Um eine Kontertechnik ausführen zu können, muss der Gegner mit den Aktivitäten beginnen – ohne einen Angriff von Uke ist Kontern nicht möglich.
Der Judoka wird natürlich auch die Bewegungen und Aktionen des Gegners beobachten und dann einen fehlerhaften, rechtzeitig erkannten oder zu langsam durchgeführten Wurfansatz des Gegners reaktionsschnell für eine Gegenwurftechnik ausnutzen (direkter Konterwurf).
Eine abwartende Kampftaktik mag manchmal kurzfristig (z.B. bei einem nervösen und hastig ansetzenden Gegner) angebracht sein – ebenso gültig ist andererseits die alte Kampfweisheit: „Angriff ist die beste Verteidigung". Es gibt keine allgemein gültige Regel, ob man hauptsächlich offensiv oder defensiv kämpfen soll. Diese Entscheidung muss man in jedem Kampf für den jeweiligen Gegner treffen und im Laufe des Kampfgeschehens womöglich noch ändern. Man muss Kontertechniken ebenso sorgfältig üben wie Angriffswürfe. Man kann sich durchaus auf bestimmte Kontertechniken spezialisieren, wobei man jedoch keinesfalls die Wurftechnik selbst vernachlässigen darf, einmal weil gute Wurfkenntnisse die Grundlage der Kontertechnik sind und man im Kampf außerdem jederzeit in der Lage sein muss, selbst entschlossen anzugreifen. Die Notwendigkeit, auch die offensive Kampfweise zu beherrschen, leuchtet besonders ein, wenn man bedenkt, dass kein Kampf zwischen den Kontrahenten zustande kommt, wenn beide sich nur darauf beschränken, auf einen Ansatz des Gegners zu lauern, abgesehen davon, dass dies auch die Kampfregel untersagt.
Sehr wichtig für die Ausführung einer Kontertechnik ist die Geschwindigkeit des gegnerischen Wurfansatzes. Man darf zwar nicht zu spät reagieren. Andererseits ist es aber auch falsch, einen Konterwurf so schnell wie möglich ansetzen zu wollen. Erfolgt unsere Gegenbewegung nämlich im Verhältnis zum Tempo des gegnerischen Wurfansatzes zu schnell, so hat sich der Gegner noch nicht in den Wurf „hineingelegt" und könnte noch relativ sicher stehend und unsere Kontertechnik vereiteln.
Als guter Fallensteller muss man einerseits auf den günstigen Moment warten können und andererseits schnell genug sein, eine schwache Position des Gegners im richtigen Moment konsequent auszunutzen.